Foto­walk Fünf Drei Vier­tel

Foto­walk Fünf Drei Vier­tel

Auf unserem fünften Fotowalk haben Caro und ich uns mit Daniel zusammengetan, den ich aus meiner ehemaligen Fotogruppe kenne. Im Bremer "Viertel" haben wir uns unter Bohemiens, Freier, Dealer und Feiersüchtige gemischt.

Foto­walk Fünf Drei Vier­tel

Auf unserem fünften Fotowalk haben Caro und ich uns mit Daniel zusammengetan, den ich aus meiner ehemaligen Fotogruppe kenne. Im Bremer "Viertel" haben wir uns unter Bohemiens, Freier, Dealer und Feiersüchtige gemischt.

Wer an Bre­men denkt, mag an Wer­der und das Weser­sta­di­on, die Stadt­mu­si­kan­ten, das his­to­ri­sche Rat­haus oder die Weser den­ken. An das “Vier­tel” den­ken die wenigs­ten, dabei ist das Quar­tier der Sze­ne­stadt­teil der Han­se­stadt.

Einst Arbei­ter­vier­tel, dann stadt­be­kann­ter Dro­gen­um­schlag­platz und jetzt ein gen­tri­fi­zier­ter Mel­ting Pot der Kul­tu­ren und der Kul­tur, in dem Bou­ti­quen, Sze­ne­re­stau­rants, Pro­s­tu­ier­te, Döner­lä­den, Kinos und offe­ner Dro­gen­han­del in durch­aus gewoll­ter Koexis­tenz neben­ein­an­der bestehen.

Die­ses Quar­tier will also im Rah­men eines Foto­walks erkun­det wer­den und wie bei den bis­he­ri­gen Foto­walks habe ich auch die­sen an der Sei­te mei­ner lie­ben Freun­din Caro unter­nom­men.

Wir haben uns zudem sehr gefreut, dass Dani­el Lust hat­te, sich uns anzu­schlie­ßen und mit uns gemein­sam den Teil der Stadt zu erkun­den, in dem er selbst lebt.

Ich ken­ne Dani­el aus einer Foto­grup­pe, die ich einst mit­be­grün­det hat­te. Dani­el kam kurz nach der Grün­dung zu der Grup­pe und war eine ech­te Berei­che­rung. Nicht nur wegen sei­nes ful­mi­nan­ten Humors, sei­ner Freund­lich­keit und Zuge­wandt­heit, er ist auch ein aus­ge­spro­chen guter Foto­graf und hat im Gegen­satz zu den ande­ren Mit­glie­dern der Grup­pe ein ech­tes Inter­es­se, sich foto­gra­fisch zu ent­wi­ckeln.

Iro­ni­scher­wei­se führ­te aus­ge­rech­net mein Blog­ar­ti­kel zu Caros und mei­nem >ers­ten Foto­walk zu einem ers­ten Bruch mit der Grup­pe, aus der ich inzwi­schen aus­ge­tre­ten bin.

Aus­lö­ser war mei­ne Ein­lei­tung, in der ich sag­te, dass ich ein ambi­va­len­tes Ver­hält­nis zu Foto­walks hät­te, weil ihnen die Gefahr imma­nent sei, sehr belang­los vor sich her zu knip­sen, aber wenig gezielt und gut zu foto­gra­fie­ren.

Ein paar Wochen zuvor hat­te ich in der Foto­grup­pe vor­ge­schla­gen, dass wir per­spek­ti­visch ver­su­chen könn­ten, alle Bre­mer Stadt­tei­le mit der Kame­ra zu ergrün­den.

Und irgend­wie hat ein foto­gra­fisch völ­lig irrele­van­tes, dafür aber umso mei­nungs­stär­ke­res Mit­glied der Grup­pe aus die­ser Ein­lei­tung die etwas gewag­te Her­lei­tung kon­stru­iert, ich wür­de Foto­walks grund­sätz­lich als über­flüs­si­gen Mist betrach­ten und hät­te mit jener Ein­lei­tung mei­nen eige­nen Vor­schlag kor­rum­piert.

Dass dem nicht so ist, zeigt, dass Caro und ich mit unse­rem Walk durch das Vier­tel bereits unse­re fünf­te Unter­neh­mung in der klei­nen, sich mitt­ler­wei­le zur Insti­tu­ti­on ent­wi­ckeln­den Rei­he unter­nom­men haben.

Und wenn­gleich ich bei mei­ner grund­sätz­li­chen Hal­tung zu Foto­walks blei­be, näm­lich, dass dabei viel Mist ent­ste­hen kann, wohnt jedem Walk auch die Mög­lich­keit inne, mit­un­ter zumin­dest mich begeis­tern­de Foto­gra­fien zu erstel­len.

Die Band­brei­te von “ich bin ziem­lich aus dem Häus­chen” bis “da war heu­te fast nur Schrott dabei” decken die bis­her unter­nom­me­nen Foto­walks auch aus­ge­spro­chen gut ab.

Gleich­sam soll­te die­ser Walk zu jeden­falls mei­nem per­sön­lich Bes­ten wer­den. Und das lag sowohl an der Ziel­set­zung, als auch einer damit ein­her­ge­hen­den Ein­schrän­kung, die ich mir selbst für den Walk gege­ben habe.

Ich hat­te nur ein Objek­tiv dabei, eine fes­te Brenn­wei­te. Das heißt, dass man damit nicht zoo­men kann. Und ich woll­te mich erst­mals ernst­haft in der Stra­ßen­fo­to­gra­fie ver­su­chen.

Fei­er­abend und Bier

Bevor wir aber über­haupt los­zo­gen, war Alko­hol ange­ord­net. Durch uns selbst.

Da ich meis­tens deut­lich vor Caro Fei­er­abend machen kann, habe ich sie von der Arbeit abge­holt und zur wei­te­ren Ein­stim­mung in den Abend haben wir drei uns dann zunächst mal ein Fei­er­abend­bier gegönnt und uns nett unter­hal­ten.

Zu den Grund­vor­aus­set­zun­gen für einen gelun­ge­nen Foto­walk gehört übri­gens, dass weder Caro noch ich unmit­tel­bar davor Lust haben, tat­säch­lich los­zu­zie­hen und wir immer hof­fen, dass der jeweils ande­re kurz­fris­tig absa­ge.

Zwar war es um mei­ne Lust als ich mich auf den Weg gemacht habe, durch­aus gut bestellt. Als wir dann aber gemüt­lich bei unse­rem inzwi­schen zwei­ten Fei­er­abend­bier zusam­men­stan­den, sank auch mei­ne Moti­va­ti­on auf ein abso­lu­tes Tief.

Das Wet­ter war schlecht, unse­re Unter­hal­tung deut­lich zu nett und das ver­gleichs­wei­se hoch­pro­zen­ti­ge Despe­ra­dos-Bier wirk­te auch nicht zwin­gend akti­vi­täts­för­dernd.

Aber zum Glück war­te­te Dani­el auf uns, so dass Caro und ich uns dann auf den Weg in das Vier­tel gemacht haben.

Nach der kur­zen Begrü­ßung mit Dani­el sind wir dann auch direkt los. In mei­nem Fal­le hieß das, die Kame­ra zunächst auf schwarz / weiß ein­stel­len und dann auf Motiv­su­che gehen.

Das “Vier­tel” ist auch unter der Woche zumeist gut fre­quen­tiert und trotz des schlech­ten Wet­ters war es zwar nicht über­mä­ßig voll, aber es herrsch­te immer­hin eine rela­ti­ve Betrieb­sam­keit.

Der­zeit fin­det auch der Bre­mer Frei­markt statt, das ist einer von zwei Jahr­märk­ten in der Stadt, was sicher­lich zu einer spür­ba­ren Reduk­ti­on der Besu­cher im Sze­nequar­tier geführt hat.

Gleich­sam fängt aber auch das neue Semes­ter an, so dass vie­le Stu­die­ren­de, ins­be­son­de­re die soge­nann­ten “Ersties”, also die Studienanfänger:innen, um die Häu­ser zogen. Gera­de die Irish Pubs und das Kul­tur­zen­trum “Lager­haus” sind belieb­te Treff­punk­te für die Student:innen.

Vom Rol­lo, das man essen kann

Eine ori­gi­nä­re kuli­na­ri­sche Errun­gen­schaft des Stadt­teils, sozu­sa­gen ein per­sisch-han­sea­ti­scher Cross­over ist der Rol­lo.

Der Rol­lo ist ein Teig­fla­den, der mit ver­schie­de­nen Sala­ten, Döner­fleisch, Käse und Sau­cen gefüllt, zu allen Sei­ten geschlos­sen und dann geba­cken wird.

1982 soll ein ira­nisch­stäm­mi­ger Imbiss­be­trei­ber den Rol­lo erfun­den haben, der sich mitt­ler­wei­le auch über die Stadt­gren­zen Bre­mens hin­aus ver­brei­tet hat, aber im Vier­tel sei­nen Ursprung fei­ert.

Der Imbiss “Tan­dour” ver­kauft die Spe­zia­li­tät und liegt unweit der Siel­wall­kreu­zung, die nicht nur grob die Mit­te des Vier­tels mar­kiert, son­dern auch bun­des­weit wegen der regel­mä­ßig statt­fin­den­den Aus­schrei­tun­gen zwi­schen Links­au­to­no­men und der Poli­zei in den Sil­ves­t­er­näch­ten bekannt ist.

Unser Weg führ­te uns zunächst Rich­tung Weser­deich, der Fluss, der die Stadt durch­schnei­det, mar­kiert die süd­öst­li­che Außen­gren­ze des Quar­tiers, wobei es dann durch die hüb­schen Sei­ten­stra­ßen direkt wie­der zurück in den eher pul­sie­ren­den Teil des Vier­tels ging.

In den ruhi­gen Neben­stra­ßen fin­den sich vie­le der wun­der­schö­nen Alt­bre­mer Häu­ser, die von der Mit­te des neun­zehn­ten Jahr­hun­derts bis zum Ende der Zwan­zi­ger Jah­re des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts gebaut wur­den.

Die Häu­ser haben hohe Zim­mer­de­cken, meist Holz­bö­den und sind sehr beliebt und mitt­ler­wei­le fast unbe­zahl­bar.

Und so bil­den die Sei­ten­stra­ßen einen ange­nehm ruhi­gen Kon­trast zu den beleb­ten Haupt­stra­ßen und es fan­den sich, außer einem Mann, der genuss­voll kif­fend in sei­nem Vor­gar­ten saß, kaum Men­schen in den Stra­ßen.

Wir haben uns aber wie­der recht ziel­stre­big zurück in den Kern des Vier­tels auf­ge­macht und dort eine letz­te klei­ne Run­de gedreht.

Lei­der kann ich immer nicht so wahn­sin­nig lan­ge unter­wegs sein, mein Wecker klin­gelt meis­tens um kurz nach vier Uhr in der Frü­he, aber ein paar letz­te Fotos waren zum Glück noch drin.

So ist auch mein unbe­strit­te­nes Lieb­lings­fo­tos die­ses Walks und sicher­lich eines mei­ner Lieb­lings­fo­tos die­ses Jah­res ent­stan­den. Der Mann, der auf sein Smart­phone schau­end, an mir vor­bei­läuft, wäh­rend in der Spie­ge­lung der Schei­be noch vage eine Per­son zu erken­nen ist, die aus Betrachter:innensicht rechts ent­ge­gen­läuft.

Unser Walk neig­te sich spür­bar dem Ende ent­ge­gen, wir kamen aber noch an ein paar Imbis­sen und Restau­rants vor­bei und konn­ten noch wei­te­re schö­ne Fotos schie­ßen.

Du kannst übri­gens eines der Fotos, die Dani­el auf dem Walk gemacht hat, >auf sei­nem Insta­gram-Kanal bewun­dern.

Es war inzwi­schen an der Zeit, Abschied von­ein­an­der zu neh­men. Stil­echt natür­lich vor einer Döner-Bude. Und wäh­rend Dani­el noch in eine Bar wei­ter­zog, mach­ten Caro und ich uns auf den gemein­sa­men Heim­weg.

Caro und ich woh­nen in unmit­tel­ba­rer Nähe zuein­an­der und konn­ten so noch einer, neben der Foto­gra­fie, wei­te­ren gemein­sa­men Lei­den­schaft nach­ge­hen: dem Spa­zie­ren­ge­hen.

Und da wir bei­de den Tag über noch nichts geges­sen hat­ten, haben wir uns noch einen Cheese­bur­ger bei einer berühm­ten Fast-Food-Ket­te gegönnt.

Am Ende war ich dann doch deut­lich spä­ter zu Hau­se, als ich das vor­hat­te, aber durch­aus glück­lich mit mei­ner Bild­aus­beu­te. Für einen ers­ten Ver­such im Gen­re der Street-Foto­gra­fie bin ich mit eini­gen Fotos sehr zufrie­den und konn­te dann auch glück­se­lig ein­schla­fen.

Der Wecker klin­gel­te dann am nächs­ten Mor­gen auch erst eine Stun­de spä­ter, was aber auch nur bedeu­tet, dass ich auf mei­ne Lauf­run­de ver­zich­ten muss­te. Und das war der ange­neh­me Abend, den ich mit zwei tol­len Men­schen und mei­nem liebs­ten Hob­by ver­brin­gen durf­te, unein­ge­schränkt wert.