26. März 2023

Ich habe ein durchaus ambivalentes Verhältnis zu Fotowalks. Warum mein jüngster Walk mit der lieben Caro aber ein großes Vergnügen und ein ebenso großer Gewinn war, erfährst du hier.

Wenn du die Start­sei­te auf­merk­sam gele­sen hast, hast du sicher­lich zur Kennt­nis genom­men, dass ich zwi­schen “knip­sen” und “foto­gra­fie­ren” unter­schei­de.

Knip­sen macht ohne Zwei­fel Spass: ein­fach wild drauf­los foto­gra­fie­ren, die Moti­ve ein­fach auf sich zukom­men las­sen und am Anfang des Tages nicht zu wis­sen, was am Ende des Tages an Fotos ent­ste­hen wird. Das ist natür­lich foto­gra­fi­sche Frei­heit, gleich­sam ist dem Knip­sen aber auch das Risi­ko imma­nent, ziel- und wahl­los um sich zu foto­gra­fie­ren und dabei viel Durch­schnitt zu pro­du­zie­ren.

Foto­walks sind für mich der Inbe­griff des Knip­sens — und so habe ich grund­sätz­lich ein ambi­va­len­tes Ver­hält­nis zu den Spa­zier­gän­gen mit Kame­ra. Einer­seits kön­nen dabei gute Bil­der ent­ste­hen, oft habe ich dabei in der Ver­gan­gen­heit aber auch viel Daten­müll pro­du­ziert.

Nun ergab es sich aber, dass ich mit der lie­ben und von mir mensch­lich wie foto­gra­fisch sehr geschätz­ten Caro einen ers­ten Walk unter­nom­men habe. Bei bes­tem Bre­mer Durch­schnitts­wet­ter, es war bewölkt mit gele­gent­li­chem Son­nen­schein und für nor­di­sche Gemü­ter früh­lings­haf­ten fünf Grad tra­fen wir uns am Vor­mit­tag und sind ein­fach mal los­ge­lau­fen.

Wir woh­nen erfreu­li­cher­wei­se in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zuein­an­der und in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zu uns befin­det sich das rela­tiv neue Quar­tier der Über­see­stadt, in dem alte Indus­trie- und Hafen­an­la­gen in moder­ne Büro- und Woh­n­un­ge­tü­me umge­baut wer­den, die sich vor allem dadurch kenn­zeich­nen, dass sie in einer Archi­tek­tur daher­kom­men, von der man in drei­ßig Jah­ren schul­ter­zu­ckend und pein­lich berührt sagen wird, dass man damals eben so gebaut habe.

Der Weg in die Über­see­stadt führ­te uns zunächst durch die eige­ne Hood, wie wir coo­len jun­gen Leu­te sagen, in der, obschon wir schon den spä­ten Vor­mit­tag hat­ten, nicht viel los war. Es war eben Sonn­tag und der ein­la­den­de Cha­rak­ter des Wet­ters streit­bar, was uns aber nicht stö­ren soll­te.

Ich habe mir red­lich Mühe gege­ben, aber mir ist kein tol­ler Text zu die­sem Bild ein­ge­fal­len. Über Nin­ja Turt­les ging mei­ne Krea­ti­vi­tät nicht her­aus.

Viel zu sehen gab es hier nicht, wenn­gleich die eine oder ande­re Pfüt­ze vor allem Caro ein­lud, die Kame­ra in Anschlag zu neh­men. Mei­ne per­sön­li­chen Pfüt­zen- und Spie­ge­lungs­skills sind, wie ich heu­te ler­nen durf­te, aus­bau­fä­hig, aber damit kann ich leben. Inso­fern wur­de aus dem oben erwähn­ten und grund­sätz­lich befürch­te­ten Knips-Gang aber bereits zu Beginn ein Gang mit Lern­ef­fekt. Zukunfts-Patrick wird sich um die Pfüt­zen-Foto­gra­fie küm­mern.

Unser ers­ter Gang im Über­see­quar­tier führ­te uns an das ehe­ma­li­ge Kellogg’s‑Gelände, das bereits weit­ge­hend abge­ris­sen und der­zeit eine Bau­stel­le ist. Ein feh­len­des Stück im Bau­zaun ließ uns anneh­men, dass das Betre­ten der Bau­stel­le hier nicht unter­sagt sei, zumal auch weit und breit kein Ver­bots­schild stand — und wenn es in Deutsch­land kein Schild gibt, das etwas ver­bie­ten wür­de, ist es ‑Logik war schon immer eine mei­ner Stär­ken- erlaubt.

Wie ein grau­er Mono­lith rag­te ein alter Bun­ker mit auf­ge­sprüh­tem Smi­ley über die Bau­stel­le und lud uns ein, nach Per­spek­ti­ven zu suchen, die­sen attrak­tiv abzu­lich­ten.

Eben­falls auf dem ehe­ma­li­gen Kellogg’s‑Gelände haben wir einen schö­nen Spot gefun­den, an dem wir in Kür­ze mit unse­rem herz­al­ler­liebs­ten Lieb­lings­mo­del einen Shoot unter­neh­men wol­len.

Als wir wei­ter­gin­gen, fiel uns eine neue, in ein altes Ver­wal­tungs­ge­bäu­de von Kellogg’s gebau­te Schu­le auf. Die war ganz schön modern, mit elek­tri­schen Schie­be­tü­ren — sie sich plötz­lich öff­ne­ten, als wir uns näher­ten. Ana­log zur Lücke im Bau­zaun war das ja nach­ge­ra­de als Ein­la­dung zu ver­ste­hen, dass wir uns dort ein­mal näher umse­hen soll­ten.

In den Rand­be­rei­chen des Über­see­quar­tiers gibt es vie­le ran­zi­ge, ergo schö­ne, Hin­ter­hö­fe, die einen hüb­schen Kon­trast zu der sie umge­ben­den, neu­en Schi­cki-Archi­tek­tur bil­den. In einem die­ser Hin­ter­hö­fe scheint übri­gens ein Fal­ken­paar zu nis­ten, so dass ich in den kom­men­den Tagen unbe­dingt noch ein­mal mit mei­nem Tele dort­hin gehen muss.

Als wir uns wie­der dem Zen­tral­be­reich der Über­see­stadt näher­ten, konn­te ich dann übri­gens einen ech­ten foto­gra­fi­schen Erfolg fei­ern. Mei­ne Bezie­hung zur Street Pho­to­gra­phy ist, ähn­lich wie mein Ver­hält­nis zu Foto­walks, von einem gewis­sen Zwie­spalt geprägt. Es gibt unfass­bar gute Stra­ßen­fo­tos und noch unfass­bar mehr Mist in die­sem Gen­re. Den­noch woll­te ich mich immer mal wie­der dar­an ver­su­chen und bekam heu­te gleich mehr­mals die Gele­gen­heit.

Uns fiel auf, dass vie­le Men­schen in Anbe­tracht des bevor­ste­hen­den, wenn­gleich noch nicht fühl­ba­ren Früh­lings, aus­ge­spro­chen far­ben­froh unter­wegs waren. Und als ich die Jog­ge­rin in ihrer rosa Trai­nings­ja­cke sah, konn­te ich gar nicht anders, als ablich­ten.

All­mäh­lich began­nen wir, uns unse­rem Aus­gangs­punkt zu nähern und sind dann wei­ter in Rich­tung des alten Arbei­ter­vier­tels Bre­men-Wal­le gelau­fen.

Caro zeig­te eini­ge wun­der­schö­ne Ecken, die ich bis­lang noch nie ent­deckt hat­te. Zwar woh­ne ich schon über zehn Jah­re hier, so rich­tig inten­siv erkun­det habe ich den Stadt­teil aber nicht. Ist auch schwie­rig, ich habe einen Super­markt, der zwei Geh­mi­nu­ten Minu­ten von mei­ner Woh­nung ent­fernt liegt, die nächs­te Stra­ßen­bahn­hal­te­stel­le befin­det sich eben­falls in unmit­tel­ba­rer Nähe — und ich gebe zu, dass ich auch ger­ne zuhau­se bin. Das wird sich aber in Kür­ze mit Sicher­heit ändern, der heu­ti­ge Gang war schon arg inspi­rie­rend — und deut­lich mehr Foto­gra­fie als rei­nes Knip­sen.

Über den Stadt­teil­park, den Wal­ler Park (den ich vor­her auch noch nie besucht hat­te), sind wir dann in Rich­tung der alten Hafen­ge­bie­te gelau­fen. Dort befin­den sich vie­le alte Schup­pen und Indus­trie­ge­bäu­de, die deut­lich mehr Charme haben, als die Neu­bau­ten in der nahe­ge­le­ge­nen Über­see­stadt. Zwar wird auch hier viel moder­ni­siert und umge­wid­met, die grund­sätz­li­che archi­tek­to­ni­sche Struk­tur der Gebäu­de bleibt aber glück­li­cher­wei­se erhal­ten.

Der Abschluss unse­res Foto­walks führ­te uns durch das alte Rot­licht-Vier­tel von Bre­men-Wal­le. Wo einst das etwas zwie­lich­ti­ge Nacht­le­ben pul­sier­te, ist heu­te nicht mehr viel los. Das Gewer­be hat unter Coro­na stark gelit­ten — im Schutz der Anony­mi­tät zu ficken geht halt nicht so gut, wenn es streng kon­trol­lier­te Kon­takt­ver­bo­te gibt.

Hap­py Night im strah­len­den Son­nen­schein. Nach Coro­na ist hier mehr night als hap­py.

Unser nun­mehr fast fünf Stun­den wäh­ren­der Rund­gang durch die eige­ne Nach­bar­schaft ende­te schließ­lich bei Caro, die mich zu einem sehr lecke­ren Essen ein­ge­la­den hat. Wir haben uns dann noch eine gan­ze Wei­le über Kame­ras, Objek­ti­ve und iMacs, sowie Mac­Books unter­hal­ten — bevor ich dann wie­der nach Hau­se ging und den Rest des Tages bei Nachos und Junk Food mit einer Über­do­sis You­Tube auf dem Bett ver­bracht habe.

Zum Abschluss des Tages bleibt die Erkennt­nis, dass ich mei­ne Ein­stel­lung zu Foto­walks zumin­dest in Tei­len über­den­ke. Gera­de Caros sehr herz­li­che Gesell­schaft las­sen mich auf den nächs­ten Foto­walk freu­en, den ich mit Sicher­heit bald mit ihr unter­neh­men wer­de.