Nach vielen Pausen, Irr- und Umwegen durch die Welt der Fotografie möchte ich mit diesem Blog den fotografischen Neustart wagen und mich in unterschiedlichen fotografischen Genres ausprobieren.
Ich habe bereits einige Portraitshoots umsetzen können, die zu erstellen mir wahnsinnig viel Freude bereitet hat, habe Fotowalks mit mehr oder minder guten Ergebnissen absolviert, von Ausstellungen berichtet und sogar Hunde fotografiert.
Das nächste größere Projekt, dem ich widmen möchte, soll die Food-Fotografie werden, also die Abbildung von insbesondere Speisen.
Das erste fotografische Zubehör, das ich einst hatte, war ein Lichtzelt. Kurz nachdem ich meine erste Kamera war das ein Geschenk meiner Eltern.
Ein Lichtzeit ist ein nach oben, zu den Seiten und nach hinten mit einem lichtdurchlässigen Stoff versehener Kubus, der durch den Einsatz von verdunkelnden Platten ein gewisses Maß Lichtkontrolle ermöglicht.
An den Seitenwänden kann man zwei Leuchten anbringen, die von außen durch den Stoff scheinen und so für ein weiches, sehr gefälliges Licht sorgen.
Es passen keine besonders großen Gegenstände in das Zelt, aber dieses Zelt hat dafür gesorgt, dass ich das erste Mal ein Verständnis für die Bedeutung von Licht in der Fotografie entwickeln konnte.
Erste Schritte in der Food-Fotografie
So kam es dann dazu, dass eines meiner ersten inszenierten Fotos ein Food-Foto war. Ich habe mir damals keine großen Gedanken über das Motiv gemacht, dafür war ich viel zu begeistert von den Möglichkeiten, die das Lichtzelt, dieses für mich kleine Lichtwunder, zu schaffen vermochte. Und so ist ein Bild von drei Butterbroten entstanden, die ich mir seinerzeit als kleinen Mittagssnack geschmiert hatte.
Zugegeben ist das Foto keine große Kunst und ich würde inzwischen einiges anders machen — fotografisch wie kulinarisch, denn beim Betrachten des Bildes erschließt sich mir beim besten Willen nicht, warum ich statt roter gelbe Zwiebeln auf den Frischkäse gestreut habe. Vom Bildaufbau und dem unaufgeräumten Teller mal ganz zu schweigen. Gleichsam ist das Bild aber auch keine völlige Katastrophe.
Ein paar Jahre später hatte ich bereits eine deutlich größere, zumindest theoretische, Kenntnis über die Bedeutung von Licht und wusste, dass es auch mit dem Einsatz von Fensterlicht möglich ist, Lichtstimmungen zu erzeugen, um ein Foto angenehm auszuleuchten.
Ich habe seinerzeit in einem Kiosk gearbeitet und da ist mir die erste Ausgabe einer Kochzeitschrift, die es so leider nicht mehr gibt, in die Hände gefallen. “Mutti kocht am besten” hieß sie und war eine Mischung aus Rezeptsammlung, Nostalgie und Lifestyle-Magazin.
Offenbar haben mir die herzhaft gefüllten Pfannkuchen so gut gefallen, dass ich sie unbedingt für die Nachwelt erhalten wollte und für meinen faktisch zweiten Versuch in Sachen Food-Fotografie finde ich das Bild eigentlich ganz gelungen.
Danach flachte mein Interesse an der Food-Fotografie allerdings auch wieder rasant ab, wobei es die Fotografie mit leckerem Essen in Verbindung bringt und damit gleich zwei Leidenschaften von mir kombiniert.
Zwar hatte ich mir zwei Video-Workshops zum Thema Food-Fotografie gekauft und mir auch angesehen, so ganz wahnsinnig gelungen fand ich die Kurse aber nicht und entsprechend war meine Motivation, die gezeigten Projekte selbst umzusetzen.
Erst als ich in einer Foto-Zeitschrift von Corinna Gissemanns “Moody Food-Fotografie” las, hatte ich wieder Lust, mich erneut an dieser fotografischen Spielart zu versuchen.
Das Buch
Es gibt einige Blogs und sogar Podcasts, die Rezensionen oder Besprechungen zu Fotobüchern behandeln. Ich habe dabei nie so richtig verstanden, warum ich in all den Rezensionen nie auch nur ein Foto gesehen habe, das auf Basis der besprochenen Werke entstanden ist.
Es ist natürlich ein Leichtes, ein Buch querzulesen und sich zu denken, Licht in einem 45-Grad-Winkel zum Motiv aufbauen, hier ein wenig Schatten, dort ein Highlight — klingt ja gar nicht so schwer, also wird das Buch wohl gut sein.
Und wirklich schwer klingen Aufgaben aus Foto- oder anderen Lehrbüchern nie. Auch Kochrezepte lesen sich recht plausibel und plötzlich steht man doch vor der Herausforderung, die Theorie in die Praxis umsetzen zu wollen und stellt fest, dass, im übertragenen Sinne, das Panieren eines Schnitzels eine ganz schön klebrige Angelegenheit sein kann.
Mir ist daher wichtig, dass ich die Bücher, die ich fortan hier bespreche, auch mehr oder weniger intensiv durchgearbeitet habe. Wie soll ich dir sonst ernsthaft sagen können, ob ich mit dem Buch etwas anfangen konnte?
Es liegt mir zudem fern, eine wirkliche Bewertung im Sinne von “gut” oder “schlecht” vorzunehmen. Sollte ich mal feststellen, dass ein Fotobuch wirklich so schwach ist, dass ich nicht weiter damit arbeiten darf, arbeite ich damit ja auch nicht weiter — es wird dann folglich auch keine Bilder geben, die ich zeigen könnte und ohne Bilder gibt es auch keinen Blog-Post.
Da dies meine erste Buchbesprechung ist, weise ich darauf allerdings nur grundsätzlich hin — denn die “Moody Food-Fotografie” hat mir richtig gut gefallen.
Ich habe mir das Buch, das >vom d.punkt-Verlag veröffentlicht wurde, bereits kurz nach dem Erscheinen 2019 gekauft und wie so viele Bücher lag es dann zunächst einige Zeit, was sehr euphemistisch für ein paar Jahre ist, in meinem Schrank.
Die Moody Food-Fotografie ist vor allem durch ihren Bildlook gekennzeichnet. Ein geht ein wenig düster zu, es gibt viel schwarz und mitunter recht starke Kontraste. Im Gegensatz zum “dark and moody”-Look steht übrigens “light and airy”, bei der Bilder sehr hell belichtet und eher kontrastarm daherkommen. Letzteren Look findet man vor allem in der Hochzeitsfotografie, aber eben auch bei einigen Food-Fotos.
Corinna Gissemann hat ihr Buch in durchaus nachvollziehbare Kapitel aufgeteilt und beginnt mit einer Definition was dieses moody überhaupt ist und wie der Look erzeugt wird.
Es folgt ein Abschnitt über das erforderliche Werkzeug, von der Kamera, den Objektiven, der Software, Requisiten oder dem Licht ‑wobei es gerade beim Licht auch ein Fenster tut.
Anschließend geht es direkt an das erste kleine Food-Projekt, eine Birne soll abgelichtet werden, bevor es dann an das sehr wichtige Kapitel zur Lichtführung geht.
Anschließend folgt wieder ein praktischer Teil, der mit zwei Aufgaben wieder direkt in zwei Bildlooks einführt.
Die Übungen sind sehr präzise und gut nachvollziehbar beschrieben, vom Aufbau, der Positionierung der Lichtquelle bis hin zur Bildbearbeitung.
Die Bearbeitung der Fotos beschreibt Corinna Gissemann am Beispiel der Bildbearbeitungssoftware Lightroom — was für mich ein wenig schade ist, weil ich zwar eine Lightroom-Lizenz habe, meine Fotos aber mit Capture One bearbeite und die einzelnen Schritte so ein wenig Transferarbeit erforderlich machen — aber im Grundsätzlichen sind die Bearbeitungsschritte leicht nachzuvollziehen.
Meine Bearbeitung unterscheidet sich ohnehin leicht von der Gissemanns, da ich meine Raw-Dateien zunächst in Capture One entwickle, dann in Photoshop nachbearbeite und anschließend die aus Photoshop zurück zu Capture One exportierte Datei noch mal mit einem Style, oder Preset für die Lightroom-Nutzer, veredle.
Bei den Styles nutze ich übrigens meistens die Kodak- und Fuji-Simulationen von >Mastin Labs, die mir richtig gut gefallen und so meinen Fotos einen halbwegs einheitlichen Look geben.
Die erste Aufgabe erzählt die Geschichte eines frisch gepressten Orangensafts — und tatsächlich empfand ich es gar nicht als so trivial, den vorgeschlagenen Aufbau nachzustellen. Dennoch mag ich mein Bildergebnis.
Die zweite Moody Food-Übung sollte eigentlich eine Waffel zeigen, auf der ein wenig Fruchtquark verstrichen wird.
Mein Plan war, den Quark durch Sahne zu ersetzen und als Früchte Erdbeeren zu nutzen. Leider war ich an jenem Abend, an dem ich das Foto machen wollte, ein wenig neben der Spur und habe die Erdbeeren aufgegessen, bevor ich mich ans Fotografieren gemacht habe.
Also bin ich am nächsten Tag noch einmal los, habe aber keine Erdbeeren mehr bekommen, weswegen ein paar Physalis herhalten mussten.
Ich habe zu den Waffel-Fotos übrigens einen eigenen kleinen Beitrag verfasst, in dem du auch ein paar Making Of-Bilder sehen kannst. Allerdings habe ich das Foto im Vergleich zur Variante, die du im Blog-Post “>Why Can’t I Just Eat My Waffle” sehen kannst, noch einmal leicht anders bearbeitet. Der Titel ist übrigens ein Zitat von Barack Obama.
In weiteren, ebenfalls ausführlichen Kapiteln geht Corinna Gissemann auf die Themen Storytelling, Bildgestaltung und Lichtspiele ein.
Darüber hinaus gibt sie Tipps, welche Requisiten sich eignen und wie man seine dekorativen Utensilien selbst basteln kann. Auch das Thema Untergründe wird behandelt und wer es gerne einfach mag, kann sich auch direkt bei der Autorin handgemachte Untergründe bestellen.
Meine Untergründe habe ich bei einem Internet-Versender bestellt und ich würde dir gerne den Namen nennen, nur erinnere ich mich beim besten Willen nicht mehr und konnte den Verkäufer auch bei einer Google-Suche nicht mehr finden.
Mein Mehrwert: Über Licht lernen und ins handeln kommen
Corinna Gissemanns Lehrbuch ist ein toller Ratgeber für einen Einstieg in die Moody Food-Fotografie. Es ist hervorragend geschrieben, die vorgeschlagenen Übungen auszuprobieren machen irre viel Spaß und mich persönlich hat es ein ganzes Stück weiter gebracht.
Den größten Nutzen hatte das Buch für mich aber gar nicht so sehr für meine Food-Fotografie, sondern vor allem als unfassbare Motivationshilfe und Lehrbuch über die wichtigste Disziplin, die es in der Fotografie zu beachten gibt: Den kreativen Umgang mit Licht.
Und oh boy, was habe ich mich im Rahmen der Arbeit mit dem Buch mit Lichtsetzung befasst.
Das eigentliche Fotografieren, also der rein technische Akt des Einstellens von Blende, Zeit, ISO und das anschließende Auslösen, verkommen zur völligen Nebensache. Aber hier mal das Licht, ich habe die meisten Bilder mit einem Dauerlicht und einer großen Softbox erstellt, etwas nach links rücken, dort einen Abschatter, also ein schwarzes Stück Pappe zur gezielten Abdunkelung einiger Bildbereiche, platzieren — ich habe mittlerweile so einige Stunden mit meinen Food-Fotos verbracht.
Die Vorbereitung eines Food-Fotos bereitet mir riesige Freude. Die Frage, welches Zubehör auf ein Bild soll, welche Zutaten ich abbilden und was ich wo platzieren möchte kann mich über Stunden beschäftigen, .
Gerade diese diese Freitag- oder Samstagabende, an denen ich mal nichts vorhabe oder ein verregneter Sonntagnachmittag sind perfekt geeignet, um ein wenig Musik zu hören und sich dem Aufbau seines Food-Szenarios zu widmen.
Wenngleich ich noch nicht alle Übungen aus dem Buch bearbeitet habe, hat mich Moody Food-Fotografie absolut überzeugt. Solltest du also auch den Einstieg in das spannende Genre wagen wollen, sind die knapp dreißig Euro, die es kostet, den Preis mehr als wert.
Und ich freue mich riesig, den einen oder anderen weiteren Vorschlag, den Corinna Gissemann ihren Leser:innen mit auf den Weg gibt, auszuprobieren. Es wird also auch in Zukunft sicherlich noch weitere Fotos und Beiträge über die leckerste fotografische Spielart geben, die es überhaupt gibt.