Wenn du schon den einen oder anderen Beitrag auf diesem Blog gelesen hast, wirst du sicherlich zur Kenntnis genommen haben, dass es bereits einige Beiträge gibt, in denen sich Chanti bereit erklärt hat, als Model vor meiner Kamera zu stehen.
Wir kennen uns aus meinem vorherigen Job, wo wir in der gleichen Abteilung zusammengearbeitet haben und ich kann mit einiger Überzeugung sagen, dass sie mir auf Anhieb wahnsinnig unsympathisch war.
Als ich ihr die ersten Male auf der Arbeit begegnet bin, fand ich sie auf den ersten Blick sehr girliehaft, zudem wirkte sie auf mich schrecklich oberflächlich, andererseits habe ich sie als ausgesprochen auf Krawall gebürstet wahrgenommen. Eigentlich auch irgendwie eine kuriose Mischung.
Je besser ich sie jedoch kennenlernte, desto mehr wurde mir bewusst, was für ein unfassbar wundervoller Mensch sie ist. Alles andere als oberflächlich oder girliehaft, nun gut, manchmal vielleicht etwas auf Krawall gebürstet, aber eben auch unfassbar verständnisvoll, emphatisch und zugewandt.
Inzwischen ist sie meine beste Freundin auf dieser Welt geworden. Einer dieser wenigen Menschen, die man mitten in der Nacht anrufen kann und weiß, egal was ist, sie sind für einen da. Einer dieser Menschen, mit denen du manchmal zeitgleich die gleichen Dinge sagst, mit denen du grundlos loslachst und dich nicht wieder einbekommst. Einer dieser Menschen, mit denen manchmal ein Augenkontakt reicht, um zu wissen, was sie gerade genau denkt. Einer dieser Menschen, deren WhatsApp-Nachrichten du nicht nur liest, sondern beim Lesen hörst.
Die Entstehung der Bildidee
Bereits in einer recht frühen Phase unseres Kennenlernens erfuhr ich, dass Chanti durchaus bereit ist, als Model vor der Kamera zu stehen und so kam mir die Idee, diesen scheinbaren Widerspruch zwischen dem girliehaften Blondchen, als das ich sie zu Unrecht und viel zu schnell in eine Schublade gesteckt hatte und der überkrassen Krawallo-Bitch auf einem Foto zusammenzubringen.
Zu diesem Zeitpunkt war meine Bildidee noch diffus: ich hatte eine vage Ahnung, dass ich sie gerne mit einem Baseballschläger zeigen würde — und ja, das war es eigentlich auch schon. In meiner Gedankenwelt war der Kontrast zwischen Girlie und Baseballschläger bereits eine Aufnahme wert, doch sollte sich die initiale Bildvorstellung in den darauffolgenden Wochen und Monaten deutlich konkretisieren.
Als gedankliches Vorbild hatte ich eine der härtesten Frauen im Kopf, die mir in der Popkultur über den Weg gelaufen waren und so sollte der Shoot auch eine Anlehnung an Sarah Connor sein.
Mit Sarah Connor meine ich übrigens nicht die Sängerin aus Delmenhorst die gerne im Lichte brüht, sondern Sarah fucking Connor, die 1984 den “Terminator” dem Recycling zugeführt und die Menschheit vor ihrem Ende bewahrt hat.
Im zweiten Teil der Terminator-Reihe findet sich Sarah Connor in einer psychiatrischen Klinik wieder. Sie wird schikaniert und gedemütigt und dann schlägt sie zurück, bricht aus und macht der ultimativen Killermaschine, dem Terminator, erneut den Garaus. Dieses Mal zwar ohne Recycling, aber dafür noch ein wenig effektvoller als im ersten Teil. Das ist dann jetzt auch wirklich die kurze Version.
In jener Sequenz in der Klinik trägt sie ein weißes Top und eine hellgraue Jogginghose und haut einen Sicherheitsmann mit einem Besenstiel um. Meine Bildidee war, Chanti ist einem ähnlichen Outfit zu zeigen, statt eines Besenstiels sollte sie eben den Baseballschläger tragen und das Ganze sollte in einem irgendwie charmant-ranzigen Setting stattfinden.
Ich sollte zudem bald lernen, dass Chanti eine ganz besondere Vorliebe hat, die dann ebenfalls Teil meiner Planung für diesen Shoot werden sollte: sie liebt die Farbe rosa.
Also nicht nur im Sinne von sie mag rosa. Nein, ihr Leben ist quasi rosa. Ihre Wohnung ist literally rosa. Sie hat einige Outfits in rosa. Ihr letztes MacBook war rosa. Sie hat sich sogar eine eigene Tastatur bestellt, die sie an ihrem Arbeitscomputer nutzen kann und die ist natürlich auch rosa. Die dazugehörige Maus ebenfalls. Womit wir dann auch doch irgendwie wieder beim girliehaften wären.
Im Laufe der Zeit wurde aus dem Baseballschläger daher ein rosaner Baseballschläger und weil es in den Terminator-Filmen immer irgendwo zischt, knallt und qualmt, wollte ich im Hintergrund irgendetwas qualmiges haben. Am liebsten ebenfalls in rosa.
Und dann kam mir die Idee mit der Waffe. Man sieht Sarah Connor eigentlich nie ohne irgendeine Schusswaffe in der Hand und so sollte noch eine Pistole mit auf das Bild, natürlich keine echte, aber am Ende wurde es eine durchaus echt aussehende Soft-Air-Variante einer Beretta 9mm, die mucho macho aussieht und den Fotos das ganz gewisse Etwas geben würde.
So entstand im Laufe der Zeit dann doch eine recht konkrete Bildidee: Chanti in Sarah Connor-Kluft, mit Baseballschläger und Knarre in eben einem irgendwie ranzigen Hinterhof.
Wie es der Zufall so wollte, fand ich auf meinem ersten Fotowalk mit der von mir wahnsinnig geschätzten Caro eher durch Zufall genau jenen Hinterhof, den ich mir vorgestellt hatte. Am Randgebiet der Bremer Überseestadt, einer ehemaligen Hafenanlage, die zunehmend in ein fancy Wohngebiet umgebaut wird, das die Hamburger Speicherstadt vor Neid erblassen lässt. Wenn man einmal die Elbphilharmonie abzieht. So einen albernen Kram haben wir hier in Bremen nicht, dafür spielt Werder immerhin in der ersten Bundesliga.
Die Sache mit der Polizei. Und der Feuerwehr.
Während unser Shoot näherrückte, überkam mich irgendwann ein Gedanke, der so erwachsen war, dass ich selbst nicht weiß, woher er rührte: was passiert eigentlich, wenn irgendein Idiot Chanti mit der Pistole sieht, einen völlig falschen Eindruck erhält und sich bei der Polizei meldet. Gleichsam: was passiert, wenn irgendein Idiot rosafarbenen Qualm entdeckt, einen völlig falschen Eindruck erhält und die Feuerwehr benachrichtigt.
Ich bin durchaus bereit, ein paar Euro für meine Shoots in die Hand zu nehmen, um meine Bildideen umzusetzen. Die Kosten für einen Polizei- oder Feuerwehreinsatz sind aber immens und die Vorstellung, ich müsste Chantis Eltern erklären, dass ein SEK sie gerade erschossen habe, weil ich Fotos machen wollte, fand ich dann auch nicht so irre erfrischend.
Ich habe also bei der Polizei angerufen und mal gefragt, ob ich irgendetwas beachten müsse, wenn wir mit einer solchen Soft-Air-Knarre durch die Gegend spazieren.
Meine Erwartung war eigentlich, dass die mir sagen würden, nee, quatsch, machen Sie ruhig aber nett, dass Sie gefragt haben. Damit lag ich allerdings nicht ganz richtig.
Der überaus freundliche und hilfsbereite Beamte am Telefon hörte sich mein Anliegen an, bestätigte meine Erklärungen mit einem brummenden “hmmm” und sagte, als ich meine Idee abschließend dargelegt hatte, “hmmm”.
Er klickte sich dann durch seinen Computer, murmelte “hmmm” und “Schusswaffe” und ergänzte dann, dass das ja gar keine Schusswaffe im eigentlichen Sinne sei, aber irgendwie ja doch, “hmmmm” hier und “kompliziert” da. Ein wenig sah ich meine Felle davonschwimmen.
Er fand dann etwas über sogenannte Anscheinwaffen heraus und erklärte mir, die Bedingungen, unter denen wir das Beretta-Imitat würden nutzen dürfen. Sie dürfe nicht geladen sein und müsse so zum geplanten Ort gebracht werden, dass unterwegs niemand sieht, dass wir anscheinend eine Waffe dabei hätten. Außerdem sollte ich noch am Tag des Shoots die Notrufstelle der Polizei per Telefon und E‑Mail über mein Vorhaben informieren. Das würde zwar auch nicht garantieren, dass kein SEK vorbeikäme, aber immerhin sei die Polizei so im Bilde und das könne halt nicht schaden.
Er lobte mich noch dafür, dass ich überhaupt daran gedacht hätte, die Polizei ins Boot zu holen, weil es ja auch ernstlich blöd sei, wenn mir beim Fotografieren plötzlich ein roter Punkt auf der Stirn erschiene. Ich erklärte ihm dann, dass allerdings nicht ich, sondern mein Model die Waffe hielte, was er mit einem erheiterten “ach, dann isses ja gar nicht so wild” kommentierte.
Die Aussicht, dass ein Trupp schwerbewaffneter Polizist:innen mit Sturmhauben und Gewehren jetzt zwar nicht garantiert, aber mit verminderter Wahrscheinlichkeit unseren Shoot stören würde, reichte mir und so schrieb ich direkt im Anschluss des Telefonats mit der Polizei noch ein E‑Mail an die Feuerwehr, die übrigens bis heute nicht geantwortet hat und fühlte mich bestens gewappnet.
Nun kam es aber so, dass rund eine halbe Stunde nach meinem Gespräch mit der Polizei mein iPhone klingelte und sich ebenjener Beamte, der so fürsorglich um mein Anliegen bemüht war, erneut meldete.
Das sei alles nicht so einfach, wie man sich das vorstelle, sagte er mir. Er habe noch einmal recherchiert und mit seinen Vorgesetzten gesprochen und tatsächlich sei es ganz und gar überhaupt nicht erlaubt, mit so einer Anscheinwaffe in die Öffentlichkeit zu gehen. Das fand ich dann gar nicht so gut, denn die Idee von der pistolentragenden Chanti hatte sich in meinen Kopf eingebrannt und ich wollte keinesfalls auf die Plastik-Beretta verzichten.
Es gäbe, erklärte er mir zu meiner Erleichterung abschließend, aber zwei Ausnahmen: Filmaufnahmen und Fotoshoots. Ich solle im Zweifel darauf hinweisen, wenn ein SEK gerade mein Model erschießt und damit konnte ich dann doch schon leben.
Der Tag des Shoots
An einem frühen Sonntagnachmittag haben Chanti und ich uns dann bei mir getroffen und zur Einstimmung erst einmal ein Bier und eine Weinschorle getrunken.
Chanti musste sich noch fertig machen und hatte die Idee, sich während des Schminkens auch noch rosa Glitzer auf die Wangen zu kleben, was ich hervorragend fand und letztlich auch so eine Sache ist, für die ich sie so unfassbar schätze: wenngleich es eine relativ konkrete Bildidee gibt, hatte sie bisher immer kleine oder größere Einfälle, die unsere Shoots bislang jedes Mal unglaublich bereichert haben.
Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich immer von “unseren” Shoots und nie nur von “meinen” Shoots spreche. Abgesehen davon, dass ich bisher keine meiner Bildideen der letzten Monate ohne sie hätte umsetzen können, ist sie auch mit sehr großem Eifer und unendlich viel Kreativität bei der Sache.
Ein wenig irritiert war ich dann allerdings, wie unfassbar souverän Chanti mit der Pistole umzugehen wusste.
Ich hatte mir das Teil, das mir ein paar Tage zuvor von einem großen Internetversandhändler geliefert worden war, zwar kurz angesehen, aber keine Ahnung, wie man beispielsweise das Magazin lädt.
Das war mir allerdings auch recht egal, denn wir sollten ja ausdrücklich eine ungeladene Waffe mit zum Shoot nehmen.
Was bei einem waschechten Redneck durchaus übliche Folklore sein mag, kann in anderen Kulturen jedenfalls zu Irritationen führen.
Zwar war es einerseits schön zu sehen, mit welch großer Freude Chanti begann, das Magazin in meinem Wohnzimmer leerzuschießen, andererseits auch ein wenig furchteinflößend, flogen mir doch immer wieder kleine Plastikkügelchen um die Ohren.
Erfreulicherweise wurde der Pistolera-Exzess dadurch unterbrochen, dass wir uns allmählich zur Location begeben mussten, die zu unser beider Freude nur zwei Haltestellen von meiner Wohnung entfernt liegt und da wir einiges an fotografischem und alkoholischem Zubehör mitnehmen mussten, waren wir auch nicht böse, dass es auch von der Zielhaltestelle nur ein paar Schritte bis zu unserer Fotolocation waren.
Als wir an der Location angekommen waren, konnte ich zunächst mein Equipment sortieren und die Kamera vorbereiten.
Chanti erkannte im Übrigen direkt die Möglichkeit, die sich aus der für sie freien Zeit ergab und nutzte die Gelegenheit, die Pistole erneut zu laden, was dazu führte, dass ich ihr in einem Akt auch für mich ungewohnter Autorität das Magazin wegnehmen wollte, wobei sie die Herausgabe vehement verweigerte. Und da sie ja nun im Besitz der Waffe war, war ich auch durchaus hilflos und musste mich resigniert zurückziehen.
Und weil eine nur geladene Waffe natürlich keinen Spaß macht, versuchte sie sich auch gleich in Schießübungen, was sich insofern als eine Idee von lediglich bedingter Klugheit herausstellte, als der Hinterhof recht verwinkelt war und sich die Kugeln dank der Grundregel von Eintrittswinkel und Austrittswinkel auf wundersame wieder den Weg Richtung Schützin bahnten.
Nachdem das Magazin dann erneut leergeschossen war, konnten wir langsam mit unserem Shoot loslegen.
An diesem Tag hatten wir zwar grundsätzlich großes Glück was das Wetter anging: wir hatten milde Temperaturen, keinen harten Sonnenschein, es war trocken — es war gleichzeitig auch windig wie auf hoher See.
Da wir ja unbedingt mit Rauchbomben arbeiten wollten, fand ich das zwar ganz schön, denn so hatten wir gute Chancen, dass sich der Qualm hübsch verstreut, aber auch etwas besorgt, dass der Qualm sich sofort wieder verziehen könnte.
Um uns etwas warm zu schießen, also nicht mit der Knarre, sondern mit der Kamera, hat sich Chanti den Baseballschläger geschnappt und wir konnten direkt ein paar wundervolle Portraits umsetzen.
An der einen oder anderen Stelle in diesem Blog habe ich bereits erwähnt, dass mir nichts wichtiger ist, als dass wir während unserer Shoots eine nette Zeit haben.
Und ein wenig haben unsere Sessions daher etwas von den Orientierungswochen, die Erstsemester:innen an Universitäten haben. Da gibt es meist recht unterhaltsame Aktivitäten, die sehr oft in Verbindung mit kleinen oder größeren Parties stehen. Und so ein wenig Partyatmosphäre hatten wir auch bei diesem Shoot.
Für unser rosa Rauchbomben-Experiment hatte Chanti einen großen Bluetooth-Lautsprecher mitgebracht, wir haben also Musik gehört, weiterhin ein wenig Weinschorle und Desperados getrunken und wie so oft wahnsinnig viel lachen können.
Bevor wir dann endlich unsere erste Rauchbombe zünden konnten, wollte Chanti mir noch einmal zeigen, wie gut sie einen Roundhouse Kick beherrscht und ich habe ehrlich keine Ahnung, wie wir darauf gekommen sind.
Nach ihrem geradezu selbstverständlichen Umgang mit der Pistole hat mich die Nummer mit dem Chuck-Norris-Kick auch nicht mehr wahnsinnig überrascht und ich habe langsam die Vermutung, dass sie einst das Universum mit ihrem Roundhouse-Kick gespalten hat.
Allmählich konnten wir aber endlich die erste Rauchbombe zünden. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass sich Chanti im Gegensatz zu mir nicht die Gebrauchsanweisung durchlesen musste, sondern direkt wusste, wie die Qualmerzeuger funktionieren. Natürlich. Alles andere wäre auch eigentlich fast irritierend gewesen.
Gerade ob des starken Windes war ich weiterhin gespannt, wie sich der Qualm verhalten würde und war dann doch sehr erleichtert, dass sich der Hinterhof, in dem wir fotografiert haben, halbwegs windgeschützt war, so dass uns weitere wundervolle Fotos gelungen sind.
Wie immer, wenn man sich mit intensiv mit einem Thema auseinandersetzt, verengt sich der Blick auf eben dieses Sujet. In meinem Falle hieß das, dass während der Vorbereitung auf unseren Shoot mein Instagram plötzlich voll mit Fotos war, die irgendwie mit Rauchbomben oder Qualm zu tun hatten. Nun gut, das mag auch der Algorithmus des Netzwerks gewesen sein, der ja erstaunlich schnell zuschlägt und die eigene Weltsicht in bedauerlicher Weise zu beschränken scheint.
Ich hatte aber ein Foto gesehen, das mir richtig gut gefallen hat: Die Rauchbombe war an einem transparenten Regenschirm befestig, hat sich darunter gesammelt und ist in einem Schwall wieder ausgetreten.
Natürlich kam ein regulärer Regenschirm nicht in Frage, das wäre mir zu langweilig gewesen. Weil ich aber weiß, dass Chanti nicht nur rosa, sondern auch “Hello Kitty” wahnsinnig gerne mag, habe ich versucht, irgendwo in diesem Internet einen entsprechenden Regenschirm zu finden. Den gab es dann zwar nur als Version für Kinder, aber auch das funktionierte hervorragend.
Abgesehen davon vielleicht, dass der Wind inzwischen etwas aufdringlicher wurde und der armen Chanti Massen von Qualm ins Gesicht gepustet hat, was sie aber ausgesprochen gelassen erduldet hat.
Selbstverständlich haben wir zwischen den einzelnen fotografischen Einheiten auch sehr darauf geachtet, dass wir nicht dehydrieren und zum Glück hatten wir ausreichend Wein und Sprite — ja, Chanti trinkt ihre Weinschorle mit einer Mischung aus Weißwein und der Coca-Cola-Zitronenlimo — und Desperados dabei.
Außerdem konnten wir die kleinen Unterbrechungen nutzen, um uns abzusprechen und die nächsten fotografischen Schritte zu planen und uns kurz abzustimmen. Zudem war klar: so langsam muss auch mal die Pistole her.
Im unserem Hinterhof befand sich der klägliche Rest eines Busches, den ich die ganze Zeit übersehen hatte, das Gestrüpp sollte für die folgenden Fotos aber als Vordergrund herhalten und ich liebe das kleine Detail wahnsinnig.
Das reduzierte Stückchen grün sorgt nicht nur für eine gewisse Distanz und den Eindruck einer ehrfürchtigen Beobachtung aus einem Versteck heraus, sondern schafft auch eine unfassbar schöne Dreidimensionalität. Und dazu Chanti und ihre Blicke. Zwischen den einzelnen nachfolgenden Fotos liegen nur wenige Sekunden, aber jedes ist anders als das vorherige und auch das ist einer der Gründe, wegen derer ich so gerne mit ihr fotografieren gehe.
Der Hinterhof, in dem wir uns befanden, war Teil einer alten Industrieanlage und so gab es nicht nur dieses schöne Konstrukt aus Backsteinwänden und Stahlstreben, sondern auch ein altes Rolltor, das mit Graffiti versehen war und spontan zum Hintergrund für unser nächstes kleines Set werden sollte.
Manchmal braucht es dann gar nicht den ganzen Popanz mit Requisiten, rosa Qualm und einem in Unschärfe verschwimmenden Hintergrund, da reicht auch einfach ein tolles Model vor einem Rolltor, um Fotos von unbeschreiblicher Intensität zu schaffen. Zumal das Verbotsschild im Hintergrund den Fotos ein charmantes Augenzwinkern gibt.
Als ich vor ein paar Wochen den fraglichen Hinterhof entdeckt hatte, stand an der Straße davor ein verwaistes, weißes Sofa.
Da wir unseren Teil im Hinterhof soweit beendet hatten und auf dem Weg zu unserer nächsten Location ohnehin vorbeikamen, war ich durchaus begeistert, dass Chanti bereit war, sich ohne weiteres auf das herrlich deplatziert wirkende Möbel zu setzen und direkt zu posieren.
Es kam dann allerdings ein wenig überraschend, dass Chanti plötzlich von diesem merkwürdigen Sofa mitten im vermeintlichen Nirgendwo aus “Ja, setz dich halt dazu” an mir vorbei rief und es kostete mich einen Moment zu verstehen, was gerade los war.
Hinter mir stand plötzlich ein Auto, ein junger Mann schaute freundlich lächelnd heraus, lehnte Chantis Angebot, sich zu ihr zu setzen und ein Foto zu machen jedoch ab.
Allerdings fragte er mich, ob es möglich sei, auch von ihm ein Bild zu machen. In seinem Auto sitzend.
Und ja, natürlich habe ich das direkt gemacht und ihm die Fotos noch am gleichen Abend via Instagram geschickt.
Nach dem kurzen Intermezzo auf dem Sofa ging es dann zu unserer letzten Location für diesen Tag.
Bei einem Spaziergang ein paar Tage zuvor hatten Chanti und ich eine mit einem sensationellen, blauen Graffiti besprühte Fabrikwand entdeckt, vor der nicht mehr genutzte und entsprechend mit Grünzeug zugewucherte Eisenbahnschienen verlegt waren. Bevor wir aber weiterfotografierten, galt es zunächst erneut, der Dehydrierung vorzubeugen und eine Weinschorlen- und Despi-Pause einzulegen. Es galt schließlich, die Motivation und irgendwie auch den sich zunehmend einstellenden Pegel zu halten.
Rosa Qualm und blauer Hintergrund passen so richtig gut zusammen. Die Farbkombination hatte mir bereits bei unserem >pretty in pink-Shoot super gefallen und so haben wir uns dann an die letzten Fotos des Tages gemacht.
Es ist kaum fassbar, aber während unserer letzten fotografischen Einheit ist mir dann auch meine Speicherkarte vollgelaufen. Da ich mir sicher sein wollte, dass mir während der Qualm-Fotos kein relevantes Bild durchrutscht, habe ich sehr viel im Serienbildmodus gearbeitet und nach etwas über 2.000 Fotos stellte die Kamera dann plötzlich den Dienst ein.
Zu meinem großen Glück hatte ich die wichtigsten Bilder nicht nur bereits im Kasten, wir hatten auch noch Chantis iPhone, das aktuelle Spitzenmodell und haben dann die letzten Bilder einfach mit der Handykamera gemacht.
Nachdem wir mit dem Fotografieren fertig waren, ging es dann zurück zu mir, wo wir die über 2.000 Fotos gesichtet und Pizza bestellt haben, während wir den Abend gemütlich ausklingen ließen.
Und auch, wenn dieser Tag für alle Beteiligten so schön, wie auch anstrengend war, freue ich mich auf den nächsten Shoot mit Chanti. Die eine oder andere Idee habe ich schon.
Ich gehe dann mal Desperados kaufen. Und Wein. Und Sprite.