Hannibal Smith aus der etwas trashigen Achtzigerjahre-Serie “Das A‑Team” hatte, wie sich das für eine anständige Serienfigur jener Zeit gehörte, einen signature-Spruch, den er in jeder Folge fallen ließ.
Lässig grinsend und an einer Zigarre ziehend erklärte er, dass er es liebe, wenn ein Plan funktioniere. Er sagte das immer, nachdem seine Pläne funktionierten und seine Pläne funktionierten jedes Mal.
Die liebe Chanti ist nicht nur einer der tollsten Menschen, die ich kenne, ich schätze mich auch überaus glücklich, dass sie meine beste Freundin ist — und ein ganz wunderbares Model, mit der ich schon die eine oder andere Bildidee umsetzen konnte.
Und auch für eine laue Sommernacht hatte ich eine Bildidee: In unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, direkt an der Weser, gibt es eine kleine Unterführung, die durch den Weserdeich führt.
Ein Tunnel, vollgesprüht mit Graffiti, herrlich trashigem Kunstlicht und ganz viel Atmosphäre. Der Plan war, sie dort an einem Abend zu fotografieren, denn ich wollte unbedingt, dass der Tunnel beleuchtet ist und die Lampen gut zur Geltung kommen.
Da Sommernächte die gleichsam schöne, wie in diesem Falle unangenehme Eigenschaft haben, dass es erst spät dunkel wird, trafen wir uns am späten Nachmittag. Ich hatte eine große Tasche mit Blitzgerümpel und eine Kühltasche voll mit kalten, nahezu ausschließlich alkoholischen Getränken dabei und bevor wir überhaupt ans Fotografieren denken konnten, führte uns der Weg in einen Drogeriemarkt in der Bremer City, damit Chanti flink eine Flasche Selbstbräunungsspray mit Schnellwirkung kaufen konnte.
Wenn mein Model sagt, dass sie brauner sein möchte, machen wir sie halt brauner und so kauften wir eine Sprühflasche des Hautoptimierers, um dann einem kleinen Kiosk einen Besuch abzustatten, an dem wir, als wir noch in der gleichen Firma gearbeitet haben, das eine oder andere Feierabendbier getrunken hatten.
Der Kiosk liegt ein wenig abseits der geschäftigen Einkaufsstraßen und hat so den Vorteil, dass Chanti sich direkt vor Ort einsprühen konnte. Und wir unser erstes Bier trinken konnten. Und das zweite. Und das dritte.

Sehr zu meiner Freude gesellte sich auch Laila zu uns, die eine Kollegin von Chanti ist und Lust hatte, uns auf unserem kleinen fotografischen Abenteuer zu begleiten.
Im nächsten Schritt war dann allerdings Nahrungsaufnahme geboten. Ich bin leider nicht so wahnsinnig trinkfest und drei Bier an einem warmen Nachmittag auf nüchternen Magen, machten einen McRib erforderlich. Mit Fritten und Cola.
warten auf die Dunkelheit
Nachdem wir uns also in eine angenehme fotografische Stimmung getrunken hatten und ausreichend gesättigt waren, zogen wir weiter an die Weser. Vermutlich war ich zu betrunken um zu merken, dass unser Weg deutlich von dem Tunnel, an dem ich das erste Foto machen wollte, wegführte, aber auf einer Bank zu sitzen, eine Weinschorle (Chanti), das nächste Bier (ich) oder nichts (Laila) zu trinken und dabei auf den vorbeiziehenden Fluß zu schauen, ist ja mal auch durchaus hübsch.

Zudem hatte Chanti ihre überdimensionierte Bluetooth-Box dabei, die ich niemals tragen werde, die uns aber eine angenehme musikalische Untermalung bescherte und so hatte das fast etwas von Zeltlager-Stimmung. Nur ohne Lagerfeuer. Und ohne Zelte. Dafür mit Passanten und Radfahrenden, die in beständiger Regelmäßigkeit vorbeikamen und so das Entstehen einer jeden gefühlsseligen Zeltplatztimmung im Ansatz unterbanden.
Da wir noch einige Zeit zu überbrücken hatten, bis es dunkel wurde, vertrieben wir sie uns bei netten Gesprächen, an deren Inhalte ich mich aber nicht mehr erinnere, weil Bier. Und mit Tanzen. Also Chanti tanzte. Das macht sie nicht nur ausgesprochen gerne, sie ist da auch wahnsinnig talentiert und tanzt auch herausragend gut.
Da sie mich, wenn es um Tanzen geht ‑und sie ist die unbestrittene Expertin in diesem Thema- mal als ausgeprägten Körperklaus bezeichnet hatte und Laila auch nicht in der Stimmung war, zwischen Spaziergänger:innen und Drahteseln hin- und herzuspringen, blieben wir sitzen und waren am Ende heilfroh, dass Chanti von einem weiteren Talent, das ihr sehr ausgeprägt immanent ist, keinen Gebrauch machte und sie nicht mit irgendetwas oder irgendwem zusammenstieß.




Während es zunehmend dämmerte, wir aber noch ein wenig Zeit totschlagen mussten, haben sich auch Chanti und Laila die Kamera geschnappt und es ist nahezu unglaublich, aber an diesem Abend ist das erste gemeinsame Foto von Chanti und mir entstanden. Gab es bisher tatsächlich gar nicht, von dem einen oder anderen Selfie abgesehen. Zur brutalen Wahrheit gehört dabei auch, dass ich an nur wenigen anderen Fotos dieser Reihe so viel photoshoppen musste, wie an diesem. Und das liegt nicht an Chanti. Ich werde hier jetzt allerdings auch nicht ins Detail gehen.
In jedem Fall herzlichen Dank an Laila für das schöne Foto.

Da es zunehmend dunkler wurde und wir uns allmählich von Dämmerung auf Nacht zubewegten, gingen wir zur nächstgelegenen Location, die ich mir ‑neben dem erwähnten Tunnel- ausgedacht hatte.
Tunnel oder Brücke — spielt das eine Rolle?
Die Stephanibrücke ist eine zweigeschossige Brücke, auf der oben Autos fahren und eine Etage darunter Fußgänger- und Radfahrer:innen die Weser queren können.
Die Brücke war mal Thema einer Satireshow, weil sie schrecklich alt und irre marode ist und jeden Tag tausende Autos und LKW darüber fahren. Um sie zu entlasten, hatte die findige Verkehrssenatorin einen brillanten Einfall: Sie ließ die bis dahin zweispurige Fahrradspur auf der unteren Brückenebene teilweise sperren. Damit nur noch eine Radspur vorhanden ist. Und so weniger Leute mit ihrem Fahrrad darüber fahren. Die tausenden LKW und PKW durften so weiterfahren und ich bin mir nicht sicher, ob die Halbierung des Fahrradverkehrs im Vergleich zu einer Reduktion des Verkehrs mit Lastern tatsächlich die erhoffte Linderung der baulichen Substanz der Brücke erbracht hat. Ich vermute aber schon, denn die Brücke ist bislang nicht repariert worden und die Fahrradspuren sind wieder allesamt frei.
Aber zurück zur Fotografie. Die ersten Fotos, die ich an der Brücke machen wollte, waren den geplanten Fotos im Tunnel gar nicht so unähnlich. Der untere Brückenteil ist ebenfalls mit teilweise unglaublich schönen Graffiti dekoriert und an der Decke hängen schäbige, aber atmosphärische Leuchtstoffröhren. Die Bildidee war also, Chanti so positionieren, dass vor allem die Lampen eine Flucht nach hinten bildeten, dem Foto dadurch eine Tiefe zu geben und die stimmungsvolle Atmosphäre einzufangen.
Um nicht völlig auf das vorhandene Kunstlicht angewiesen zu sein, brauchte ich aber mein Blitz-Setup, das ich zunächst aufbauen musste. Da Chanti ausreichend mit Weinschorle versorgt war, hatte ich auch emsig Zeit und meine weltallerliebste Freundin war so überaus freundlich, ein Making-Of-Foto zu schießen. In sehr vorteilhafter Pose. Was soll ich sagen? Danke?

Solltest du bereits den einen oder anderen Blogpost über die Fotos, die Chanti und ich uns erarbeiten gelesen haben, weißt du, dass eigentlich nie das Foto, sondern der Weg das Ziel ist. Denn auf dem Weg zum fotografischen Ziel entwickeln sich häufig grandiose Ideen abseits des Weges. Oft stellen die sich die spontanen Eingebungen am Ende als die besten Fotos heraus und über allem steht ohnehin, dass wir Spaß haben wollen. Es ist zwar noch nie passiert, aber sollte es mal soweit kommen, dass tatsächlich kein einziges brauchbares Foto aus einem Shoot erwächst, wir aber eine gute Zeit hatten, war es das auch allemal wert.
Da wir noch den ganzen Abend vor uns hatten, bot sich also auch im Zufahrtsbereich zur Brücke noch die Gelegenheit, das eine oder andere spontane Bild zu erstellen und auch, wenn es definitorisch “Schnappschüsse” sind, die in der fotografischen Community ja irgendwie missbilligt werden, sind es tolle Momentaufnahmen, auf die ich ungerne verzichtet hätte.




Nach dem bereits für mich sehr vorteilhaften Making-Of-Foto, zeigte Chanti übrigens keine Anzeichen, mit dem Fotografieren von mir aufhören zu wollen.
Es wird sich mir übrigens vermutlich nie erschließen, wie sie sich manches Foto förmlich erschleicht. Aber während des kleinen Spontan-Intermezzos hat sie sich nicht nur fotografieren lassen, sondern eben auch zurückfotografiert. Ich hätte das vielleicht zur Kenntnis nehmen können, dann hätte ich auch weniger bescheuert geguckt. Aber ich rechne auch nicht damit, dass sie nicht gerade eine Nachricht checkt, sondern einfach schamlos und ohne Vorwarnung Bilder von mir macht. Schön, wirklich schön.




Während wir uns auf die geplanten Brücken-Fotos vorbereiteten, eröffnete Chanti mir, dass sie gar nicht so große Lust habe, zu dem Tunnel zu gehen, der eigentlich das fotografische Ziel dieses Abends gewesen war. Das sollte mich auch nicht weiter stören, denn wie ich gerade erwähnte, sind die Fotoshoots vor allem Spaßveranstaltungen. Alles kann, nichts muss — und die Brücke mit ihren Graffiti war am Ende ein guter Ersatz für das Tunnelfoto. Welches wir aber noch mal nachholen werden.
Von einer Location und VIELEN GELEGENHEITEn
Mit der richtigen Location und einem wundervollen Model braucht es dann letztlich auch nicht mehr viel, damit ein paar sehr geniale Fotos entstehen können.
Die Atmosphäre ist perfekt, Chantis Posen sitzen, wie eigentlich immer, richtig gut und das Licht ist, wenn ich das hier mal ganz bescheiden erwähnen darf, ebenfalls durchaus gut gesetzt.








Bereits vor ein paar Wochen hatte Chanti den Wunsch geäußert, dass wir mal ein Portrait von ihr vor einer Graffiti-Wand machen. Und die Brückenwände waren, wie ich oben beschrieben habe, voller Graffiti.
Das war also eine gute Gelegenheit, unsere fotografische Bucket-List zu verkürzen. Und da die Brücke auf meinem Arbeitsweg liegt, hatte ich mir bereits im Vorfeld die Graffiti angesehen und mir Gedanken gemacht welches ich besonders charmant finden würde.
Meine Wahl fiel auf ein Abbild von “The Brain” aus der Cartoon-Serie “The Pinke And The Brain” und die etwas krawallig dreinschauende Maus passt herrlich zu Chantis Tattoos.




Während die Fotos auf der Brücke ohne Zuhilfenahme eines Blitzes und einer Softbox jedenfalls so kaum möglich gewesen wären, kam mir, während Chanti eine kleine Pause nutze und ihr iPhone bediente, die Idee, etwas auszuprobieren, das ich auf anderen Fotos bereits gesehen hatte: Ein Foto, auf dem das Hauptlicht vom Telefondisplay kommen sollte.
Laila half uns direkt dabei, das Telefondisplay so weiß und hell wie möglich einzustellen und manchmal reicht eben auch ein kleines Licht, um ein herrliches Foto zu erstellen.

Während wir so vor uns hin fotografierten fiel Chanti der grandiose Blick von der Brücke auf einen peripheren Bereich der Bremer Überseestadt auf — mit sehr schönen Lichtern, die wir dann unscharf in den Hintergrund nehmen wollten.
Es ist übrigens faszinierend, wie viele verschiedene Motive sich auch auf kleinstem Raum finden können. Wir hatten uns ja seit geraumer Zeit nur auf der Brücke bewegt und sind lediglich ein paar Meter gegangen, um zu dem speziellen Brain-Graffito zu gelangen.
Und so haben Chanti und ich kurzerhand die Seiten getauscht und konnten direkt ein weiteres, wunderschönes Motiv auf die Speicherkarte bannen.




Allmählich begannen auch die sommerlichen Temperaturen zu sinken und ehrlicherweise ist so ein Fotoshoot durchaus anstrengend. Sowohl für das Model, als auch den Fotografen. Die Luft bei uns war noch nicht ganz raus, wurde aber spürbar dünner. Doch es half aber nichts: das nächste geplante Foto wollte ich gerne noch umsetzen.
In unmittelbarer Nähe zur Brücke befindet sich eine terassenförmige Fläche, die tagsüber jedenfalls bei schönem Wetter gerne von Menschen, die in der Überseestadt arbeiten, oder an der Weser flanieren genutzt wird, um dort ein wenig zu entspannen und den Blick auf die Weser zu genießen.
Am Abend ist dort eher wenig los — die Treppen sind aber beleuchtet, was ein sensationelles Setting für unsere letzte Station des Shoots werden sollte.
Natürlich musste ich meinen Blitz zunächst erneut aufbauen und einstellen und natürlich, wie sollte es auch anders sein, hat Chanti sich nicht lumpen lassen und den glorreichen Moment in einem Bild festgehalten. Chanti ist unbestritten eine Großmeisterin vorteilhafter Fotos von mir — wie sie hier mal wieder eindrücklich unter Beweis gestellt hat.
Ich darf hier aber kurz anmerken, dass ich mich selbst unfassbar ungerne fotografieren lasse und eines meiner absoluten Lieblingsfotos von mir von ihr gemacht wurde. Du findest das Bild übrigens auf der >about-Seite.

Manchmal gibt es Locations, die sind einfach legend. Und diese Terassen, die zwischen einem Club und einem Luxushotel liegen, gehören definitiv dazu.


Tatsächlich sind die Lampen, zwischen denen Chanti zu sitzen scheint, gar nicht so symmetrisch, wie es den Anschein hat. Da sich aber meine Photoshop-Fähigkeiten langsam entwickeln, habe ich ein wenig getüftelt und sie einfach verdoppelt.
Nachdem wir unsere Fotos gemacht und zusammengepackt hatten, war es dann definitiv auch Zeit, aufzuhören und in den verdienten abschließenden Teil es Abends überzugehen.
After Show
Der Abend sollte in einer Kneipe ausklingen, in der Chanti und ich häufiger sind. Wir wollten zu dritt noch eine Kleinigkeit trinken, bevor sich unsere Wege trennen würden.

Und der Abend endete, wie er begonnen hatte. Zu wummernden Schlagerbeats tanzte Chanti in ausgelassener Feierlaune, während ich wegen Körperklausigkeit vorsichtshalber sitzen blieb. Und Laila ebenfalls. Aber vermutlich aus anderen Gründen als ich.




Wieder einmal hatten wir einen unfassbar lustigen Foto-Ausflug, der mit herrlich schönen Bildern belohnt wurde.
Zu nächtlicher Stunde haben wir uns dann auf den Weg zum Hauptbahnhof gemacht — Laila, um mit der Straßenbahn, Chanti und ich, um mit dem Zug nach Hause zu fahren.
Am nächsten Morgen bin ich dann sogar einigermaßen früh aufgewacht. Ohne Kater. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Und auch, wenn der ursprüngliche Plan, Fotos in einem Tunnel zu machen, so gar nicht funktioniert hat, liebe ich die entstandenen Bilder. Das hat letztlich auch den Vorteil, dass ich nicht, wie der eingangs erwähnte Hannibal Smith aus dem “A‑Team” lässig grinsend an einer Zigarre ziehen muss.